Reisebericht Patagonien (4)

Torres del Paine von Peter Jürgens

Montag, 21.1.
Heute gelangten wir in den Nationalpark Torres del Paine, in Chile gelegen. Es hieß früh aufstehen, frühstücken, packen und dann los. Zuerst bis Calafate zum Einkaufen. Auf der Fahrt sahen wir Unmengen von Hasen die Sandpiste queren. An der Grenze dauerte die Ausreise und Einreise nach Chile ziemlich lang. Unsere Rucksäcke und unsere Verpflegungskisten wurden durchsucht. Gefunden wurden 6 Eier und ein Rest Honig, was konfiziert wurde! In Puerto Natales ergänzten wir unsere Vorräte mit Fleisch, Eiern und Gemüse, da wir 4 Tage im Park übernachten werden. Nach 30 km auf Betonpiste gings wieder auf Schotter unserem Ziel entgegen, das wir schon von Ferne bewundern konnten: die Türme von Torres del Paine. Frei stachen sie in den Himmel, flankiert von einem breiten schneebedeckten Eisriesen. Um 19.50 Uhr trafen wir auf unserem Campingplatz ein. Nach dem Aufbau der Zelte hörte ich eifriges Hacken aus dem Küchenzelt. Christian und eine Schar von Helfern bereiteten unser Essen vor. Morgen geht es an die Erkundung des Nationalparks bei hoffentlich weiterhin gutem Wetter.


Dienstag,22.01.
Wir erwachten bei strahlend blauem Himmel, Windstille und angenehmen Temperaturen. Haben wir ein Glück, denn heute stand unsere Wanderung zu den Torres auf unserem Programm. Es sollte ein langer Marsch über 3 ¾ Stunden werden, an Hängen entlang, durch Täler, einen Fluß aufwärts folgend, durch Rotbuchenwälder, mal im Schatten, mal in der Sonne, aber immer abwechslungsreich, so dass die Zeit ziemlich schnell verging. Nur der letzte steile Anstieg war eine schweißtreibende Kletterei, die aber am Ende mit einem "Wow" endete!
Als ich über den letzten Block kam, tat sich ein Panorama auf, das einem den Atem nahm.

Die Türme des Paine ragen 1500 m glatt und steil von der Sonne beschienen fast fugenlos in den azurblauen Himmel. Am Fuße der Türme liegt ein kleiner Gletscher als Kontrast zu den rotgrauen Türmen. Breite Wasserrinnsale fallen über eine schräge Felswand nach unten in den grünen Gletschersee. Ich konnte mich gar nicht satt sehen. Als wir oben waren, saßen lediglich 10 Personen auf den Felsbrocken. Eine Stunde später, als wir uns auf den Rückweg machten, hatten sich schon 100 und mehr wie in einem Amphitheater versammelt. Alle starrten auf die Türme, wie bei einer Aufführung. Nur, dass die Darsteller stumm und erhaben dastanden und nur durch ihre Wucht wirkten.
Es ist schon ein Wunder, dass wir sowohl den Fitz Roy, den Perito Moreno-Gletscher und die Torres del Paine bei wolkenlosem Himmel erlebt haben. Christian hat es in all seinen Reisen bisher noch nie erlebt. Als es immer voller wurde, rissen wir uns von dem grandiosen Naturwunder los und machten uns schweren Herzens an den Abstieg. Unten, im Tal am Fluß, machten wir kurz in der Hütte Rast, um uns ein Alsterwasser zu mixen, etwas in der Sonne zu sitzen und anschließend erfrischt wieder auf den Weg zu machen. Dabei kam uns eine Pferdekarawane entgegen, die unter viel Gepfeife durch den Fluß ritt. Weiter unten überholten uns zwei Gauchos im vollen Galopp vom Berg kommend, die ich mit dekorativem Hintergrund ablichtete. Kurz vor unserem Campingplatz kehrten wir in einem Kiosk ein und gönnten uns ein Eis, das tat gut!

Bei den Zelten angekommen, habe ich mich gleich zum Duschen begeben, um den Staub der langen Tour abzuspülen. Jetzt sitze ich in unserem Auto bei einem Bier und schreibe mein Tagebuch, während im Küchenzelt das Abendessen von fleißigen Händen zubereitet wird. Es gibt Goulasch und Knödel. Mal sehen, ob ich einen davon esse. Ich aß sogar zwei! Schmeckten echt lecker. Ist doch gut, wenn man einmal bereit ist, die eigenen Vorurteile gegen bayrische Kost zu begraben.


Mittwoch, 23.1.
Unsere Fahrtstrecke zum Standortwechsel war kurz, nur 30 km im gleichen Nationalpark. Das Wetter ist heute bewölkt mit Aufheiterungen, die Tour von gestern hätten wir heute nicht machen können.

Wir zelten jetzt auf dem Campingplatz Pehoe am Lago Pehoe. Wir sind lediglich einmal um die Ecke gefahren und sehen nun die Torres des Paine von hinten. Auf der Fahrt hierher hatten wir jede Menge Zeit und Gelegenheit, die vielen Guanakos aus nächster Nähe zu fotografieren, denn hier im Nationalpark dürfen sie nicht gejagt werden. Auch einen Nandu konnten wir aus größerer Nähe ablichten und als Krönung einen Fuchs, der uns ans Auto folgte wie ein junger Hund. Offensichtlich ist er schon des öfteren von Touristen gefüttert worden.

Unser jetziger Platz ist der beste Zeltplatz unserer bisherigen Fahrt. Die sanitären Einrichtungen sind auf europäischem Standard, und wir haben den mächtigen Gebirgsstock direkt vor unseren Augen. Eine Augenweide. Nach einer kurzen Brotzeit fuhren wir zum 20 km entfernten Lago Grey und haben den Gletscher am Ende des Sees sehen können. Leider waren die Berge dahinter in Wolken, so dass der Genuß etwas getrübt war. Wir sind auch schon ganz schön verwöhnt. Nun hoffe ich, dass morgen der Himmel wieder klar ist, denn die aufgehende Sonne scheint direkt auf die mächtigen Berge vor uns. Gleich werde ich erst einmal die Dusche genießen bevor es Essen gibt. Nach dem guten Mahl zündeten wir ein Lagerfeuer an mit bezahltem Holz, das wir an der Rezeption erstanden hatten. Es wurde richtig gemütlich, bis die Sonne unterging.

Als sich die uns gegenüberliegenden Felsen langsam rot färbten, strebten alle dem See zu, um die richtige Kulisse vor die Linsen zu bekommen. Noch schöner war es aber am nächsten Morgen. Als ich um 6.45 Uhr aus dem Zelt schaute, stand der Vollmond direkt über dem Lago Pehoe am klaren Himmel. Um 7.10 Uhr weckte ich Klaus, wir liefen zum See hinunter, warteten auf den Sonnenaufgang. Die Türme und die nebenstehenden Berge verfärbten sich zunehmend rot und spiegelten sich in dem von keiner Welle getrübten See. Wir konnten keinen Unterschied erkennen, was Wirklichkeit und was Spiegelbild war. Und es ging weiter. Die Verfärbung wechselte von orange nach hell und schließlich leuchtend rot. Ein traumhafter Anblick. Eine schweigende, ehrfürchtig staunende, kleine Anzahl von Fotografen hatte sich am Ufer versammelt und fotografierte, was das Zeug hielt. Grandiose Bilder!


Donnerstag, 24.1.
Nach dem Frühstück luden wir langsam unsere Sachen ein und fuhren zum Ende des Lago Pehoe, von wo wir aus mit einem Katamaran zum anderen Ende des Sees fuhren. 30 Minuten über türkisfarbenes Wasser, vorbei an kleine Inseln, erreichten wir unser Ziel. Und nun hieß es laufen. Am Lago Grey entlang sollte es ca. 11 km im hügeligen Gelände zum anderen Ende des Sees gehen, wo uns der Gletscherabbruch des Grey-Gletschers erwartete. Aber vor dem grandiosen Anblick hatten die Götter den Schweiß gesetzt, denn das Thermometer kletterte auf 27 Grad bei wolkenlosem Himmel. Ich wählte mein eigenes Tempo und hielt nur an den spektakulären Punkten. Besonders auf einem Felsbuckel auf der Hälfte der Strecke lohnte es sich zu verweilen. Von dort hatten wir einen herrlichen Blick auf den dreigeteilten Gletscher, der kilometerlang vom Patagonischen Inlandeis herabfließt.

Die drittgrößte Eismasse der Erde befindet sich in Patagonien nach der Antarktis und Grönland! Alles wieder bei strahlend blauem Himmel. Die hinteren Eisriesen hat Christian heute zum ersten Mal wolkenfrei gesehen! Nach 3:20 Std. saß ich erschöpft aber glücklich am Ende des Sees auf einem Felsrücken im Wind und aß meine Brotzeit. Ich war ganz allein und konnte den Blick auf den sonnenbeschienenen Gletscher genießen. Nach einer halben Stunde suchte ich das Refugio Grey auf, wo die anderen bereits mit einem Bier auf mich warteten.

Im Innern dann die Überraschung: die gesalzenen Preise. Übernachtung 21 Euro ohne Decken, 6 Euro für Schlafsackmiete und 20 Euro für ein Menü: Suppe, Kartoffelmus mit Tafelspitz und Senfsoße, sowie Wackelpeter zum Nachtisch. Zum Glück hatten wir unser Bier und eine Flasche Whisky selbst mitgebracht. Mit allen Schnarchern lagen wir in einem Zimmer, da half auch kein Ohropax. Ich habe sehr schlecht geschlafen und war froh , als der Morgen graute. Zum Frühstück haben wir mitgebrachte Kräcker und Käse gegessen; heißes Wasser für Tee gab es wenigstens umsonst.


Freitag, 25.1.
Der Tag begann, wie der vorherige geendet hatte: Sonne satt. Die nutzten wir, um noch einmal nach vorne zum Gletscherabbruch zu gehen. Ganz alleine konnten wir den traumhaften Anblick genießen. Wir konnten zusehen, wie immer mehr von den Eistürmen vom Sonnenlicht angestrahlt wurden. Auf dem Rückweg ließen wir uns sehr viel Zeit, fuhr unser Boot doch erst um 18.30 Uhr. Als wir an einem kleinen Binnensee vorbei kamen, klangen auf einmal die Stimmen von Christian und Martina zu uns hoch. Sie waren nicht mit zum Gletscher gekommen, weil Christians Fuß schmerzte und er daher nur sehr langsam gehen konnte. So waren sie vorausgegangen. Nun riefen sie zum Bade. Nikki und ich entschlossen uns, dem Ruf zu folgen und auch ein Bad zu wagen. Das Wasser war saukalt. Meine spätere Messung ergab 15,8 Grad! Eine kurze Runde geschwommen und dann wieder ’raus. Ich war bei der Hitze wieder richtig frisch. 36 Grad waren es in der Sonne. Als wir endlich am Lago Pehoe ankamen, haben wir uns erst einmal ein Alsterwasser gemixt. Das zischte vielleicht. Dann begann das lange Warten. Kein Tagebuch und nichts zum Lesen......

Aber auch diese Wartezeit ging einmal herum, und nun sitze ich frisch geduscht und gesättigt bei schwindendem Tageslicht im Bus und bringe mein Tagebuch auf den neuesten Stand. Gleich noch ein Schlummertrunk, dann ins Bett, denn morgen brechen wir auf in Richtung Punta Arenas. Dort wird eingekauft. Am Sonntag ein weiteres Highlight: Der Besuch einer Pinguin Kolonie.